Freitag, 30. Juli 2004, endlich sitzen wir im Speisewagen des Nachtzuges nach München und nehmen für etwa vier Wochen Abschied von Berlin, von Stress, von Job, von Terminen und vor allen Dingen auch Abschied vom AlpinClub Berlin, hier allerdings nur von der aufreibenden Tagesroutine; denn unser Reiseziel ist Stubai in Österreich, um u. a. zehn Mitgliedern unseres Vereins eine hoffentlich abwechslungsreiche zehntägige Hüttentour anzubieten.
Bis zum 05. Aug. haben wir vor, in Telfes, konkret in der Pension Danler, zu wohnen und uns zu akklimatisieren und einzulaufen, ehe wir eben am 05. Aug. zu der Hüttentour starten. Wenn wir am 14. Aug. hoffentlich alle wohlbehalten wieder in Telfes landen, werden wir uns von der Gruppe verabschieden und wieder für eine Woche, also bis zum 21. Aug., zu Danler ziehen. Vom 21. Aug. bis zum 25. Aug. haben wir schließlich vor, mit dem Zelt in die Berge zu ziehen, um uns auf Patagonien vorzubereiten, konkret um die Ausrüstung zu testen und die maximale Tragekapazität auszuloten. Wir haben u. a. auch vor, die komplette Verpflegung, sowie Brennstoff und Eisausrüstung mitzunehmen. – Doch jetzt der Reihe nach:
Samstag, 31. Juli 2004: Die Zugverbindungen waren pünktlich, wir erreichen gegen 11:00 Uhr Telfes. Aus einem Sportgeschäft rufen wir unsere zukünftigen Vermieter an und bitten sie, uns abzuholen. Wir staunen nicht schlecht, als uns Heidi verkündet, dass wir erst für einen Tag später angemeldet sind. Peinlich, peinlich, aber zum Glück hatte Silke (auch eine Teilnehmerin an der gepl. Genusstour), die sich in der gleichen Pension einquartiert hatte, bereits unser vorzeitiges Erscheinen angedeutet, so dass man sich dank sehr flexibler Wirtsleute, bereits auf unser Missgeschick eingestellt hatte. Nach dem Einzug ins neue Quartier reichte die Zeit noch für einen ausgiebigen Spaziergang rund um Telfes und natürlich auch noch für ein Eis.
Sonntag, 01. August 2004: Gemeinsam mit Silke beschlossen wir, den Niederen Burgstall (2.436m), den Hohen Burgstall (2.611m) und schließlich die Schlicker Seespitze (2.804m) zu erklimmen. Nach der Auffahrt mit dem Lift zur Bergstation Kreuzjoch (2.020m) kamen wir bei sehr großer Hitze gut voran. Nur die Schlicker Seespitze wehrte sich erfolgreich gegen unser Gipfelglück. Schon vom Einstieg an war die kaum erkennbare Aufstiegsspur noch stark mit dem Geröll (vermutlich vom Abtauen des letzten Schnees herrührend) bedeckt. Dennoch tasteten wir uns mühsam höher. Etwa 100m unter dem Gipfel brachen wir den Versuch ab, da uns das Weiterklettern zu riskant erschien und wir dann auch den letzen Lift ins Tal verpasst hätten.
Montag, 02. August 2004: Ab Neustift Auffahrt mit dem Lift zur Bergstation des Elferlifts (1.94m). Sofort weiter aufwärts zur Elferhütte (2.004m). Diese prächtig gelegene Hütte lockt bestimmt jeden Wanderer, Bergsteiger oder sonstigen Touristen zum Verweilen ein, würde man nicht von einem absolut unausstehlichen Hüttenwirt (viele haben uns später diesen Eindruck bestätigt), förmlich genötigt, fluchtartig diese Hütte wieder zu verlassen. Wir strebten dem Nördlichen Elferturm (2.495m) zu und erklommen diesen – zuletzt über eine 2er Kletterstelle – respektvoll. Der Weiterweg über Zwölfer Nieder und über den Panoramaweg zurück zur Liftstation war nur anfangs recht spannend, danach verlief er relativ monoton unschwer über Grashänge, bis wir schließlich vorbei (!!!) an der Elferhütte in direkter Falllinie über einen Skihang endlich wieder die Liftstation erreichten. Hier gab es übrigens auch eine Jausenstation, wo wir überaus freundlich und schnell bedient wurden. Die Krönung des wieder sehr, sehr heißen Tages war aber der Grillabend in „unserer“ Pension Danler.
Dienstag, 03. August 2004: Beim Frühstücken haben Brigitte und ich relativ spontan beschlossen (es gab Mitfahrgelegenheiten zum Serles-Lift) auf die Serles (2.718m) zu gehen. – Von der Bergstation des Lifts aus liefen wir zunächst unschwer etwa eine Stunde lang bis Maria Waldrast. Weiter durch Fichten- und Lärchenwald, später durch Latschen und Gestrüpp ging es in Kehren weiter zum Serlesjöchel (2.384m). Etwas kniffliger, teilweise gesichert, ging es schließlich zum Gipfel (knapp 3 Std. von Maria Waldrast). Rückweg wie Hinweg, allerdings in etwa 2 Std.
Den krönenden Abschluss bot die Sommerrodelbahn, die von der Bergstation des Serles-Lifts bis zur Talstation, also über mehr als 600 Höhenmeter abwärts, gerade erst in Betrieb genommen worden ist. – Nichts für schwache Nerven!!!
Am Abend traf Monika ein.
Mittwoch, 04. August 2004: Endlich einmal etwas Urlaub machen und die letzten Vorbereitungen für die jetzt unmittelbar bevorstehende Genusstour treffen, das war der wesentliche Inhalt des heutigen Tages.
Donnerstag, 05. August 2004: Der Tag begann turbulent. Da wir vor unserer Abfahrt ins Stubaital einen Teil unseres Gepäcks, zwecks Mitnahme im PKW, bei Heinz und Hartmut „aufgegeben“ hatten, warteten wir nun von Minute zu Minute ungeduldiger werdend, auf deren Ankunft. Schließlich wollten wir die „Geusstouren-Truppe“ um 11:00 Uhr in Neustift treffen. Bald wurde uns klar, dass ausgerechnet wir den vorgegebenen Termin nicht werden halten können. – Peinlich, peinlich!! Wir baten Silke, die ja mit uns in der selben Pension gewohnt hat, zum Treffpunkt vorzufahren.
Schließlich um 10:45 Uhr trafen Heinz und Hartmut bei uns ein. Hastig sortierten und packten wir unsere sieben Sachen, deponierten einen Teil bei der Familie Danler und trafen endlich gegen 11:30 Uhr am Treffpunkt ein. Längst war die Gruppe vollzählig (Gratulation!). Rasch checkten wir die Ausrüstung, machten die letzten Besorgungen und fuhren um 12:30 Uhr mit zwei Taxen zur Oberrissalm.
Der anschließende Aufstieg zur Franz-Senn-Hütte (2.147m), erstmals mit kompletten Tourengepäck und dann auch noch bei strahlendstem Sonnenschein war mühsam und anstrengend. Dennoch erreichten wir nach etwa zwei Stunden das Ziel. Dank frühzeitiger Reservierung (etwa ein Jahr vorher!) bekamen wir ein Doppelzimmer, ein Vierbett-Zimmer und ein Sechbett-Zimmer zugeteilt, ausreichend Platz also für 11 Personen also. Zum Abendessen gab es Fisch. Wir haben uns sofort sehr wohl in dieser gemütlichen und freundlich bewirtschafteten Hütte gefühlt und sind alle relativ zeitig schlafen gegangen.
Freitag, 06. August 2004: Um 7:30 Uhr trafen wir uns am reichlich gedeckten Frühstücksbuffet, strahlten mit der Sonne um die Wette und beschlossen, allesamt den Arperen Turm (2.986m), etwas mühsam auf bezeichnetem Steig zu erklimmen. Die angegebene Gehzeit von 3,0 Std. haben wir um 45 Minuten überboten, war ja schließlich auch der erste Gipfel! – Rückweg, wie Hinweg. Einige der Teilnehmer/innen schiente mir am Limit ihres derzeitigen Leistungsvermögens.
Samstag, 07. August 2004: Nach dem Frühstück, also gegen 8:00 Uhr, starteten wir in Richtung Neue Regensburger Hütte (2.286m). Bedingt durch die Tatsache, dass wir auf der Franz-Senn-Hütte sehr komfortabel gegessen und „gewohnt“ hatten, machte ich mir etwas Sorgen um die nächsten Hütten, da natürlich zu befürchten war, dass dieser gute Standard Maßstab für die weiteren Hütten werden sollte. – Wir kamen anfangs gut voran. Als allerdings im überwiegend schrofigen Gelände der eigentliche Aufstieg zum Schrimmennieder (2.704m) begann, gab es bei einzelnen doch erhebliche Konditions- und Technikprobleme. Zwecks Bewältigung der letzten 200 Hm habe ich versucht, die Gruppe eng beisammen zu halten und habe ein sehr langsames Tempo vorgegeben. Etwa um 13:00 Uhr erreichten wir endlich den höchsten Punkt unserer heutigen Etappe.
Der Übergang war verschneit und vereist, bzw. überwächtet. Es gab lediglich seitlich eine drahtseilversicherte, steile aber gangbare Felspassage, die aber vom letzten Winter her, sehr brüchig und verwittert war. – Am unteren Ende des Drahtseiles ist dann Beate leider gestürzt. Sie trug ein paar Prellungen und einige Hautabschürfungen davon, ansonsten war sie zum Glück noch einmal mit dem Schrecken davon gekommen. – Uns wurde rasch deutlich, dass man eine Hochgebirgswanderung, wie es die unsere war, keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen darf. Zu allem Unglück begann es nun auch noch zu regnen, in der Ferne vernahmen wir ein Gewitter. Der weitere Abstieg blieb zunächst steil, jetzt aber auch noch nass und rutschig! Eine Teilnehmerin war total unsicher und wir benötigten sehr, sehr lange, ehe wir endlich die Neue Regensburger Hütte erreichten. Erst gegen 15:15 Uhr kamen wir an. – Zum Glück hielt die Hütte den Vergleich in Punkto Komfort, Behaglichkeit und Bewirtung zur Franz-Senn-Hütte stand. – Unser 12. Mann (Achim) war von Falbeson aufsteigend schließlich auch eingetroffen, wir waren komplett.
Sonntag, 08. August 2004: Wir machen uns Sorgen wegen des geplanten Weiterweges zur Dresdner Hütte (2.302m). Der Hüttenwirt berichtete, dass am Vortag zwei Frauen von der Dresdner Hütte kommend, am Grawagrubennieder Hubschrauberunterstützung angefordert hatten, weil sie sich nicht trauten, über das brüchige Gestein und vor allen Dingen über die sehr steile Firnrinne abzusteigen. Daraufhin beschloss ich, gemeinsam mit Brigitte den Weg zu erkunden, während die übrige Gruppe unter der Leitung von Silke auf die Kreuzspitze (3.082m), bzw. über einen Blockgrat zur Östlichen Knotenspitze ((3.100m) aufstieg. Kerstin, Beate, Heinz und Jürgen zogen es allerdings vor, einen Pausentag einzulegen.
Brigitte und ich erreichten nach etwa zwei Stunden besagte Schlüsselstelle am Grawagrubennieder. Es galt zunächst eine sehr steile Firnflanke, etwa 80 Hm, zu überwinden, ehe man den Weiterweg im sehr lockeren, weiterhin steil ansteigenden Geröll erreichte. Vor uns kämpfte sich eine Familie mit Kind durch den Firn. Wir folgten im gebührenden Abstand, aber bedingt durch die vorhandene Steigspur auch immer in der Falllinie der Familie. Als wir mit flauem Gefühl in der Magengegend endlich den Übergang zum Fels erreichten, wurden wir uns erst recht der großen Gefahr, die von der über uns steigenden Familie ausging, bewusst. Das verwitterte, ausgeschmolzene Gestein war derart instabil, dass man jeden Moment mit Steinschlag rechnen musste. Zum Glück stieg die Familie über uns absolut vorsichtig weiter, immer darauf bedacht, auch nicht den kleinsten Stein loszutreten.
Wir hatten genug gesehen und gewagt, um die Situation einschätzen zu können und fassten den Entschluss, umzukehren. – Leichter gesagt als getan, der Weg herunter war beinahe noch schwieriger, als der Aufstieg.
Auf dem Rückweg zur Hütte dachte ich darüber nach, wie ich es der Gruppe vermittle, dass wir vom Tourenplan abweichen und über Falbeson zur Dresdner Hütte (2.302m) gehen werden. Man wird in Momenten, in denen man vermeintlich negative Nachrichten überbringt, nachhaltig mit Enttäuschung, aber auch mit Druck, diese einmal getroffene Entscheidung doch noch zu revidieren, konfrontiert. Momente, in denen es besonders unangenehme ist, Verantwortung zu tragen.
Inzwischen waren wieder alle wohlbehalten zur Hütte zurück gekehrt. – Bis auf Dieter und Stefan akzeptierten schließlich alle, dass es eine Änderung im Tourenverlauf geben wird. Dieter und Stefan hingegen gingen noch einmal zum Grawagrubennieder, um sich selbst ein Bild von der Situation zu machen. – Trotz meines Hinweises auf das erhöhte Risiko ihres Planes, informierten sie mich darüber, dass sie am nächsten Morgen allein über das Nieder gehen werden.
Montag, 09. August 2004: Unverzüglich nach dem Frühstück machten wir uns auf den sehr langen Weg zur Dresdner Hütte. Einen Teil des Gepäcks hatten wir gegen ein geringes Entgelt per Materialseilbahn vorausgeschickt. Zunächst stiegen wir bis Falbeson (1.212m) ab, warteten (nicht ohne im Waldcafe ein Eis gegessen zu haben) auf den Linienbus, mit dem wir um 10:49 Uhr bis Mutterbergalm ((1.721m), auch Talstation der Stubaier Gletscherbahn, fuhren. Sofort ging es sehr steil und in brütender Mittagshitze aufwärts Richtung Mutterberger See (2.479m), dann im stetigen auf und ab weiter zur Wilde Gruben und schließlich über den Egesennieder zur Dresdener Hütte. – Kerstin und Jürgen hatten die Vorzüge einer Seilbahn genutzt.
Es war schon später Nachmittag, als wir diese Mammutetappe hinter uns hatten. Auch Dieter und Stefan waren inzwischen eingetroffen und berichteten, dass sie am Grawagrubennieder tatsächlich Steinschlagprobleme hatten und nur mit viel Glück das Nieder unfallfrei passierten. – Wenig später erreichte uns die Nachricht, dass genau an dieser Stelle eine 26 jährige Frau zu Tode gekommen ist.
Die Dredner Hütte hat eigentlich wenig mit einer DAV-Hütte gemeinsam. Eine auf Gewinnmaximierung und Profit gezielte Hüttenbewirtschaftung lässt nur wenig Alpenromantik aufkommen. Schließlich versperren einem auch unendlich viele Drahtseile den freien Blick auf die Berge.
Dienstag, 10. August 2004: Wie schon erwähnt, geht es auf der Hütte sehr professionell zu. Man ist eben auf Wintersport-Massenandrang eingerichtet. – Nach dem Frühstück fuhren wir allesamt mit dem Lift bis zur Station Eisgrat (2.870m). Vor uns Schnee und Eis. Endlich konnten die so lange mitgeschleppten Steigeisen, sowie der Pickel zum Einsatz kommen. Einige Zeit später übten wir das Begehen von Firnflanken in Seilschaften. Die Mittagspause verbrachten wir auf dem Eisjoch (3.133m). Brigitte, Dieter, Stefan Achim und ich ließen uns nicht lange von der vor uns aufragenden Schaufelspitze (3.333m) provozieren, sondern stiegen einfach hinauf. Auf dem Rückweg zur Station Eisgrat ließen wir es uns nicht nehmen, noch rasch ein paar T-Anker zu vergraben (wir haben die meisten wiedergefunden!).
Mittwoch, 11. August 2004: Wir waren nicht sonderlich traurig, als wir der Dredner Hütte den Rücken kehrten und frohgemut auf das Peiljoch (2.676m) zumarschierten. Pause machten wir in einem Steinmandlwald mitten im Joch (es gibt jetzt ein paar Steinmandl mehr – meiner ist natürlich der schönste). Nun ging es teilweise versichert eigentlich nur noch abwärts bis zur Sulzenauhütte (2.191m). Auf drei Vierbettzimmer verteilt fanden wir in der an sich recht gut besuchten Hütte genügend Zeit und Raum, uns von den Strapazen der Vortage zu erholen.
Donnerstag, 12. August 2004:. Die Sonne locket uns aus den Betten, also wieder kein Grund faul sein zu dürfen, sondern nix wie raus auf den Berg. Unser Ziel war dieses mal der Aussichtspunkt Hundshein (2.822m) und für Silke, Dieter und Stefan auch noch der Arpere Freiger (3.261m). Abwärts wählten wir en Lübecker Weg entlang der Fernerstube, ehe wir – wieder bei strahlendem Sonnenschein an der Blauen Lake landeten. Monika versprach dem Hartmut ein Getränk, wenn er hier baden gehen würde. Bestimmt nicht nur wegen dieses Versprechens und unter dem Beifall aller Anwesenden, war Hartmut kurze Zeit später im Wasser (und auch genau so schnell wieder draußen!). Jetzt waren die Damen dran. Sowohl Monika, wie auch Brigitte bewiesen, dass sie ein ganzer Kerl (!) sind und stürzten sich in die Fluten. Schließlich hatte auch Achim noch ausreichend Mumm!
Wieder zurück in der Hütte, ging ich unter die warme Dusche.
Freitag, 13. August 2004: Mir schien, so ein wenig war der Dampf draußen. Es hätte ja auch mal ein Regentag kommen dürfen, um einen guten Vorwand für das Nichtstun zu haben. Aber Petrus war der Meinung, dass wir zu Hause noch genügend Zeit zum Ausruhen haben; also lachte schon wieder die Sonne ins Schlafzimmerfenster.
Mein Vorschlag, auf den Sulzenauferner, konkret auf die Fernerstube zu gehen stieß nur auf mäßige Gegenliebe. Lediglich Brigitte, Dieter und Achim teilten mein Schicksal. Hartmut und Heinz steigen zur Probe schon mal ins Tal über die Sulzenaualm zur Bushaltestelle (zwischen Mutterbergalm und Grawaalm ab). Silke, Monika, Beate und Stefan hatten vor, über die Maierspitze (2.780m) zur Nürnberger Hütte zu gehen. Leider muss ihnen auf der Maierspitze der Motor aus gegangen sein, jedenfalls kehrten sie um. – Kerstin und Jürgen besuchten den Günbergsee.
Unser Gletscherspaziergang hingegen mutierte zu einer echten Hochtour. Erst seilfrei auf arperem Eis, die gut sichtbaren Spalten elegant umrundend, gelangten wir bald in schneebedeckte Höhen, die es nun wegen verdeckter Spaltengefahr zwingend erforderlich machten, dass wir „an`sSeil gingen“. Serpentine um Serpentine schraubten wir uns allmählich bis auf eine Höhe von 3.146m und standen jetzt in der Lübecker Scharte. Bis zum Gipfel des Wilden Freiger (3.418m) fehlten lediglich 295m! – Die Zeit war aber längst zu fortgeschritten, die Besteigung war auch gar nicht geplant gewesen, wir machten uns nach einem kurzen Sonnenbad also auf den Heimweg.
Nach dem Abendessen lud ich die ganze Truppe in einen Seminarraum zwecks Manöverkritik ein. Das Ergebnis dieser Erörterung und ein paar Gedanken danach findet Ihr weiter unten.
Samstag, 14. August 2004: Die Genusstour ist zu Ende, es regnet. Schnell erreichen wir das Tal, versprechen uns gegenseitig, dass wir uns wiedertreffen wollen und schon gibt es die „Arno`s Genusstouren-Gruppe-2004“ nicht mehr. Aber vielleicht gibt es ja eine „Arno`s Genusstouren-Gruppe-2005“?!
Danke für Euer Interesse
Gedanken danach.´
Als ich 1984 Mitglied der Sektion Charlottenburg des DAV (heute AlpinClub Berlin) wurde, war es gute Sitte, dass einmal pro Jahr eine Hüttenwanderung – damals unter der Leitung von G. Locke - angeboten wurde. Aus welchen Gründen auch immer, gab es einige Jahre später zwar viel viel mehr Angebote der Sektion, aber leider keine Hüttenwanderungen mehr.
Grund genug für Brigitte und mich, den Versuch zu starten, diese alte Tradition wieder aufleben zu lassen. Schon Mitte 2003 entschieden wir uns als Tourenziel die Stubaier Alpen zu wählen und reservierten auf der Franz-Senn-Hütte, der Neuen Regensburger Hütte, der Dresdener Hütte und der Sulzenau Hütte für jeweils zwei, auf der Sulzenau Hütte sogar für drei Nächte jeweils 12 Betten mit HP.
Gespannt warteten wir, nachdem die Ausschreibung im Heft 1/2004 BERLIN ALPIN veröffentlicht worden war, auf Reaktionen oder gar Anmeldungen. Hatten wir mit 12 Personen die Meßlatte etwas zu hochgelegt, gab es gar keine Nachfrage mehr in der Sektion? – Buchstäblich in der letzten Woche vor der Abreise kam die 12. Anmeldung!
Eine Gruppe im Alter von 36 – 70 (!) Jahren, davon fünf Frauen, harrten am 05. Aug. um 11:00 Uhr in Neustift (Stubai) der Dinge, die da kommen sollten. Eine spannende, manchmal auch etwas kitzlige Herausforderung für Brigitte und mich, dieses vom Alter und vom Leistungsniveau her stark differierende Klientel so zu „bedienen“, dass niemand über- aber auch keine/r allzu sehr unterfordert wurde.
In den zurückliegenden etwa 15 Jahren habe ich neben vielen anderen Vereinsunternehmungen auch einmal pro Jahr eine sog. Hochtour, also eine Tour meist im kombinierten Gelände, häufig höher als 4.000m, organisiert, habe kompetente Fachübungsleiter (früher manchmal mangels Masse sogar aus anderen Sektionen) hinzu gezogen und war letztlich verantwortlich für den (organisatorischen) Erfolg dieser Touren. – Die so gesammelten Erfahrungen wollte und konnte ich natürlich auch für die Planung und Durchführung der bevorstehenden Hüttentour einbringen.
In altgewohnter Weise habe ich daher bei der Beschreibung des Weges natürlich auch auf alle am Wege liegenden attraktiven Gipfel aufmerksam gemacht, ja deren Besteigung sogar in Aussicht gestellt, aber nicht konsequent genug berücksichtigt, dass es sich dieses mal nicht, wie sonst üblich, um kletter- und bergerfahrene Teilnehmer/innen handelt, sondern überwiegend um Damen und Herren ohne oder mit nur geringen bergtechnischen Erfahrungen.
Eine Gemeinschaftstour – um eine solche hat es sich gehandelt – ist so definiert, dass jeder Teilnehmer auch allein in der Lage sein soll/muss, das geplante Programm eigenständig zu absolvieren. Der Leiter hat u.a. den Überblick zu behalten und ggf. korrigierend einzugreifen, wenn sich gravierende Fehler abzeichnen.
Schon sehr rasch erkannte ich, dass es für mich unter den zuvor beschriebenen Bedingungen unverantwortlich (fahrlässig) gewesen wäre, „kletter- und bergtechnische Experimente“ zu wagen. Hinzu kommt, dass ich bei den allermeisten Teilnehmern auch gar nicht den Eindruck hatte, dass ihnen der Sinn danach stand.
Trotzdem werde ich - sollte ich wieder eine Hütten-Trekking-Tour anbieten - den Charakter der Tour, sowie die persönlichen Anforderungen an jeden einzelnen Teilnehmer, besser heraus arbeiten. Gipfelglück werde ich in solchen Fällen nur dann in Aussicht stellen, wenn es sich um einen sog. (anspruchsvollen) Wanderberg handelt. Die logische, aber durchaus positive Folge davon ist natürlich auch eine nachhaltige Gepäckreduzierung. Denn Eispickel, Steigeisen und Sitzgurt können dann zu Hause bleiben.
Gerade die Tatsache, dass es sich bei den Teilnehmern nicht (von ein zwei Ausnahmen abgesehen) um „Gipfelsammler um jeden Preis“, sondern überwiegend um Durchschnittswanderer handelte, die sich als Gruppe profilierten, die Spaß am gemeinsamen Erleben, an Kommunikation und letztlich auch an ausreichend Komfort hatten, hat diese Reise auch für mich zu einem sehr positiven Erlebnis werden lassen. Habe ich früher nach einer sog. Hochtour häufig erklärt, dass ich keine Lust mehr habe, eine nächste zu organisieren, ist das in diesem Fall ganz anders. Schon jetzt, nur wenige Tage nach Ende der Veranstaltung, verspüre ich schon wieder Lust auf neues mit Euch.
Mein Kompliment an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer meiner Genusstour 2004: Ihr habt Brigitte und mir einiges abverlangt, aber Euere Reaktionen waren stets fair und positiv. Ihr habt allesamt dazu beigetragen, dass die Tour harmonisch verlief, so dass sie, wie geplant, ein Genuss war. – Sollte dennoch jemand unzufrieden sein, oder nur (anregende) Kritik los werden wollen, möge sie/er solches formulieren; entweder als Email oder als Kommentar (siehe unten).
Eines kann ich Euch auf jeden Fall versichern, den Jahresbeitrag beim ACB habt Ihr durch die erhaltenen Hüttenermäßigungen auf jeden Fall wieder raus!
Ich bin stolz auf Euch und ich bedanke mich bei Euch!
\"Privatleben" danach